"Ankerorte" in Moabit - im Interview: Lea Grönholdt vom ZK/U

"Ankerorte" in Moabit - im Interview: Lea Grönholdt vom ZK/U

"Ankerorte" in Moabit - im Interview: Lea Grönholdt vom Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U)

von Gerald Backhaus

Nach einem Rundgang durch die neuen Räume im Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U) lassen wir uns zum Interview auf der Dachterrasse nieder. Hier hat man einen herrlicher Ausblick über den Stadtgarten hin zum Westhafen, und zu unserer Überraschung belauscht uns ein junger Fuchs die ganze Zeit über. Er scheint verletzt zu sein und liegt in einem der großen Pflanzentöpfe. Hier auf dem Dach soll demnächst ein nachbarschaftliches Kennenlernen in Format von „Speed-Dating" stattfinden, erzählt Lea Grönholdt. Die junge Frau ist um ihren Arbeitsplatz zu beneiden. Seit Oktober 2024 ist sie beim ZK/U an Bord und verantwortlich für das vom QM geförderte Projekt der „Moabiter Ankerorte"

Wer diese Orte sind?

Neben dem ZK/U sind in erster Linie das Moabiter Stadtschloss und der Refo-Campus zu nennen. Lea koordiniert die Aktivitäten an diesen drei und manchmal mehr Orten. Sie ist sozusagen die Schnittstelle und hat einen „heißen Draht" zu den Verantwortlichen in den anderen Einrichtungen. Dies sind Susann Wehrmann vom Träger Moabiter Ratschlag e.V. im Stadtschloss und Tobias Horrer vom Refo-Campus. Beide verfolgen einen eher nachbarschaftlichen Ansatz, das ZK/U hingegen einen vor allem künstlerischen, erklärt es Lea. Ihre Aufgabe beschreibt sie so: nach einer Bedarfsanalyse dazu, welche Orte es in Moabit gibt und wie sie genutzt werden (können), versucht sie, diese „Ankerorte" mehr zusammenzubringen, zu koordinieren und verstärkt Kooperationen auf die Beine zu stellen. 

Das neue Moabit-Festival: „21 Tage, 21 Orte, 21 Aktionen" kommt

Weil das Moabiter Kunstfestival „Ortstermin" aufgrund der finanziellen Kürzungen im Kulturbereich im Jahr 2025 nicht stattfinden wird, planen die drei Ankerorte für 2026 ein neues Moabit-Festival: „21 Tage, 21 Orte, 21 Aktionen" lautet das Motto in Anlehnung an Moabit 21. Die "21"  bezieht sich historisch auf die Bezirksnummer. Sollte es „Ortstermin" 2026 wieder geben, dann werden die Festivals natürlich zusammenarbeiten. Auch das Umweltfestival in der Kulturfabrik (Kufa) soll in das Programm integriert werden. Eine der größeren Veranstaltungen, z.B die Eröffnung oder der Abschluss könnten dann auch am ZK/U stattfinden, so Lea Grönholdt.

Viele Veranstaltungen und Aktionen im ZK/U

Apropos, das ZK/U hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr dem Kiez gegenüber geöffnet. Der Moabiter Küchenchor probt jede Woche immer mittwochs hier. Aus ursprünglich fünf Leuten, die mitsangen, ist inzwischen ein Chor mit rund 50 geworden. Obwohl der Neubau des ZK/U immer noch nicht ganz fertig ist und daran gebaut wird, gab es hier schon viele Veranstaltungen. Das „Kollektiv Untergang" spielte mehrere Konzerte. Die eigenen Veranstaltungsformate des ZK/U werden sehr gut angenommen. Der erste von Lea organisierte „Gütermarkt" fand im Mai 2025 statt. Das war seine 41. Ausgabe und der erste nach dem Umbau des Hauses. Obwohl es an dem Sonntag im Mai stürmte, kamen über den Tag verteilt rund 300 Menschen vorbei, vorwiegend aus Moabit und Wedding. Der nächste „Gütermarkt" folgt am 6. Juli 2025, wieder mit einem Fahrradmarkt ab 10 Uhr auf dem Vorplatz des ZK/U und dem beliebten Flohmarkt von 11 bis 18 Uhr. Danach wird es wie immer Live-Musik geben. Beim „Speisekino" werden Filme gezeigt und dazu thematisch passende Speisen gekocht und gemeinsam verzehrt. Unter dem Motto „Plant Stories" (Pflanzen-Geschichten) dreht sich seit dem Auftakt am 13. Juni 2025 bis in den Oktober hinein mit künstlerischen Darbietungen, Installationen, Kursen, Filmen und Ausstellungen im Moabiter Stadtgarten  alles rund um Pflanzen, auch ausgestorbene. Und bei dem Festival „Heroines of Sounds" (Heldinnen des Klangs) im Juli im ZK/U sowie im Radialsystem kann man experimentelle Musik von Künstlerinnen erleben, z.B. bei dem Kinderkonzert von SCHRUMPF am 5. Juli. Apropos Künstler, beim „OPENHAUS", einem regelmäßig veranstalteten „Tag der offenen Tür" im ZK/U, präsentieren die temporär hier lebenden Künstlerinnen und Künstler in die 14 Ateliers im ZK/U ein. Da kommen Kunstinteressierte aus ganz Berlin vorbei. Das nächste „OPENHAUS" findet am 17. Juli 2025 statt.

Leas Werdegang

Lea, die aus Wernigerode im Harz stammt und 2011 mit 19 Jahren nach Berlin zog, wohnt in Pankow. Meistens radelt sie eine halbe Stunde lang zur Arbeit nach Moabit: „Und zwar Sommer wie Winter", erzählt sie, und auch, dass sie schon mal drei Wochen lang auf ihrem Fahrrad über den Balkan fuhr, einmal von Dresden nach Prag und 2024 quer durch Bosnien. Lea studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste (UdK). Das beinhaltete ihr „zu viel Marketing". Daher machte sie ein Praktikum im Kulturproduktionsbüro Kollegen 2.3. „Das war genau das, was ich mir wünschte." Ihre Aufgabenpalette reichte von Grafikdesign und Webseiten-Gestaltung bis zu Finanzplänen, Förderanträgen und Künstlerbuchungen. Mit der Agentur Georg + Georg organisierte Lea fünf Jahre lang einmal im Monat „Kulturexpeditionen" im Wedding. Die führten die Gäste immer an ungewöhnliche Orte wie einmal zum Yoga auf das Dach vom Kaufhaus Karstadt, ins „Rattentheater" (ein Obdachlosentheater im Humboldthain) sowie zu einer Lesung in einen Waschsalon.

„Moabiter Musiktage" und das „Festival für selbstgebaute Musik"

Früher arbeitete Lea für das Kulturprojekt "Antje Øklesund". Dies befand sich in einem mittlerweile abgerissenen Haus in der Rigaer Straße in Friedrichshain. Es war ein „Schmelztiegel der Indie-Szene", in dem es neben vielen Konzerten auch Ausstellungen gab. Seit 2015 organisierte sie die „Moabiter Musiktage" und das „Festival für selbstgebaute Musik" mit. 2020 wanderte dieses beliebte Festival auf das RAW-Gelände und dann von dort aus weiter zum Holzmarktgelände. Lea war von 2018 bis 2024 die Produktionsleiterin. Weil das Festival immer im September stattfand und vorher immer sehr viel zu organisieren ist, sagt mal jemand zu ihr: „Du hast ja gar keinen Sommer". Lea lacht und sagt, das sei jetzt durch ihre Tätigkeit beim ZK/U etwas anders. 

Was sie sich für die Zukunft der Ankerorte wünscht? Dass sie von der Nachbarschaft noch viel mehr genutzt werden und leichter für alle Menschen erreichbar sind. Was wo passiert, findet man z.B. auf den Monats-Plakaten, die alle Veranstaltungen in den drei Orten auflisten und im Kiez aushängen, sowie ab September 2025 auch online als Übersicht im Kalenderformat auf dem neuen Kiezmedium-Portal „Moazin".

Wer am ZK/U ein Treffen, Nachbarschaftsfest oder eine gemeinschaftliche Veranstaltung ausrichten möchte, wendet sich bitte an Lea Grönholdt – Kontakt: nachbarschaft@zku-berlin.org

Mehr zum ZK/U auf www.zku-berlin.org

Kontakte zu den Ankerorten:

REFO Campus, z.B. Tanz, Performance, Workshops, Seminare, Team-Tage, akustische Konzerte – Kontakt  refo-moabit.de/raumanfrage

Stadtschloss Moabit, z.B. Veranstaltungen, Gruppen, Workshops, Ausstellungen von und für die Nachbarschaft  (keine privaten Veranstaltungen) – Kontakt: info@moabiter-ratschlag.de 

ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik, z.B. Kunst- und Kulturprojekte, Workshops, nachbarschaftliche Treffen, Vorträge, Konzerte u.v.m. – Kontakt: spaces@zku-berlin.org 

Text & Fotos: ©️ Gerald Backhaus 2025

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