Moabit klimafit? - Das Stadtteilplenum im April 2025 über Klimaschutz und -anpassung

Moabit klimafit? - Das Stadtteilplenum im April 2025 über Klimaschutz und -anpassung

Das Stadtteilplenum im April 2025 über Klimaschutz und -anpassung

- von Gerald Backhaus –
 
Bevor es im großen Raum des Spielhauses auf dem Otto-Spielplatzes ums Klima ging, führte Hausherr Bernd Brunner vom Träger Moabiter Ratschlag e.V. die Plenumsgäste hinaus zu der Fläche, auf der die neue Kulturmanege am Entstehen ist. Aus einer „fixen Idee“ im Jahr 2021 wurde das Projekt „Moabiter Kulturmanege“, das im Sommer 2024 in den Beschluss zum Bau eines Zirkuszeltes mündete. Finanziert wird das Vorhaben mit einer sechsstelligen Summe aus Berliner Landesmitteln. Dieser neue Veranstaltungsort am Ottoplatz in Zeltform - geeignet für Theater, Konzerte, Kino, Zirkus, Kurse und Trainings - soll der Belebung der Nachbarschaft dienen und wird in der Woche ab dem 19. Mai 2025 aufgebaut. Das Richtfest ist für den 27. Mai geplant, und danach soll der Innenausbau des Zeltes erfolgen. Zu dem neuen Kulturort wurde ein zusätzlicher Zugang / Haupteingang gelegt, und es gab bereits einige infrastrukturelle Baumaßnahmen wie das Fundament. Container als Lagerfläche wurden aufgestellt. Auf dem Boden des Zirkuszeltes hatte Bernd Brunner mit Kreide grundrissartig aufgezeichnet, wo sich die Bühne, wo sich die Technik und anderes befinden wird. Die Aktivitäten im Zelt können auch außerhalb der vom Spielplatz vorgegebenen Öffnungszeiten stattfinden. Zur Programmgestaltung gab und gibt es viele Gespräche und „keine einfache Antwort darauf", so Bernd Brunner. Grundfinanziert wird das Programm im Zirkuszelt über das Kulturamt des Bezirkes Mitte. Ergänzt werden soll es über mehrere Förderprogramme für einzelne Veranstaltungen und regelmäßige Angebote. Während einer Kulturwoche vom 15. bis 19. September 2025 soll die feierliche Eröffnung erfolgen. Passend zum Thema des Stadtteilplenums endete Bernd Brunner mit der aktuell noch problematischen Heizungsfrage. Diese bereitete den Kulturmanege-Akteuren schon lange Sorgen und ist bisher noch nicht „in trockenen Tüchern“. Nach einer aufwendigen energetischen Beratung wird es im Zirkuszelt wohl auf eine Wärmepumpe und Infrarotplatten hinauslaufen. 

Wieder drinnen begann Moderatorin Esther Klobe-Weihmann zum Einstieg mit der Frage an die rund 50 Plenumsgäste, wer von ihnen in Moabit wohnt, wer hier arbeitet und auf wen beides zutrifft. Dann referierte zuerst Ruth Vicente vom Klimateam des Bezirksamtes Mitte über das Klimaschutz- und Klimaanpassungsmanagement im Bezirk. Dies sei ein 360 Seiten starkes Werk und die „Antwort von Mitte“ auf die internationale Strategie des Pariser Klimaschutzabkommens, so Vicente, die aus Spanien stammt, seit 20 Jahren im Bereich Umweltschutz tätig ist und seit 10 Jahren in Deutschland lebt. Zusammen mit ihrer ebenfalls anwesenden Teamleiterin Nora Wolter sowie dem Kollegen Paul König ist sie in regelmäßigem Austausch mit den Fachämtern von Mitte sowie mit den Klimateams der anderen Berliner Bezirke. Ruth Vicente erklärte das Zusammenspiel von Klimaschutz („weniger Treibhausgasemissionen“) und Klimaanpassungen („die Folgen dieser Gase in der Atmosphäre minimieren“). In seinem Konzept-Papier hatte das bezirkliche Klimateam zunächst eine Klimaanalyse für Mitte erstellt. Es gab Visualisierungen zur Einwohnerdichte und zu den versiegelten Flächen. In sechs Handlungsfeldern und mit 33 Maßnahmen möchte das Klimateam Projekte von lokalen Akteuren unterstützen. Zwar verfügt es über kein eigenes Budget dafür, kann aber Hinweise über Fördermöglichkeiten geben. Diese brachte Ruth Vicente dann auch gleich: vom Umweltbildungsfonds über das Freiwillige Engagement in Nachbarschaften FEIN und den Raum für Beteiligung „Misch mit in Mitte“ bis hin zur Stadtteilkasse der Stadtteilkoordinationen Moabit West und Moabit Ost sowie der Baumscheiben-Aktion „Mach Mitte schöner“

Wer noch Fragen zum Klimaschutz in Mitte hat, kann sich gern an Ruth Vicente und das Klimateam per E-Mail wenden: klimaschutz@ba-mitte.berlin.de

In der auf Vicentes Vortrag folgenden Diskussion gab es viele Anregungen seitens der Gäste. Eine Künstlerin berichtete von ihrer Arbeit mit Kindern und Kompost. Eine Frau von der Stadtteilvertretung Turmstraße kritisierte Baumscheibenbepflanzungen als „zu kleinteilige“ Maßnahmen und regte stattdessen den Blick auf die vielen Dachflächen in Moabit an, auf denen die Installation von Solaranlagen eine große Wirkung erzielen könnte. Darauf erwiderte Nora Wolter vom Klimateam, dass es zumindest auf staatlichen Gebäuden eine Pflicht zum Einsatz von Photovoltaik (PV) gebe. Außerdem schreibe ein Berliner Landesgesetz den Einsatz von PV bei umfassenden Dachsanierungen bzw. beim Dachausbau vor. Wolter erwähnte zudem die Entsiegelungsstrategie der „grünen Gullys“. Der Bezirk Mitte verfolge die Vision einer Schwammstadt und möchte bis zu 150.000 m² Fläche entsiegeln. Auf Nebenstraßen sollen die Unterstreifen von Bürgersteig und Straße an neuralgischen Punkten begrünt werden, damit dort das Regenwasser versickern kann und nur noch bei starkem Regen in die Kanalisation läuft. 50 solcher „grüner Gullys“ sind 2025 in Mitte dran. Zudem plant der Bezirk sicherere Kreuzungen, in dem dort Kfz-Parkplätze weggenommen werden, sowie das vereinfachte Aufstellen von Regentonnen, um Regenwasser zu vereinfachen, Stichwort „Genehmigung als Sondernutzung“. 

Matthias Schnauss, der seit 15 Jahren Projekte zu Umwelt und Nachhaltigkeit in Moabit verantwortet, regte neben konkreten Klimamaßnahmen auch an, mehr darüber aufzuklären und zu bilden und keine gesellschaftliche Spaltung, z.B. Rad- versus Autofahrer, zu betreiben.

Bernd Sindermann, Quartiersrat in Moabit-Ost und Mitglied der Stadtteilvertretung, fragte, ob das Klimateam etwas gegen die geplante Fällung vieler Straßenbäume wegen der Straßenbahn-Verlängerung unternimmt? - Laut Nora Wolter hat ihr Team eine Stellungnahme zu den Bäumen abgegeben und der Senat wird das abwägen.

Eine Anwesende, die selbst einen Straßenbaum vor ihrem Haus gießt, fragte, ob das Klimateam auch selbst Konkretes unternimmt und wie es zur Aufhebung von Tempo-30-Zonen steht? - Nora Wolter: „Wir versuchen Antworten zu finden, und wenn wir gefragt werden, geben wir Stellungnahmen dazu ab.“

Auf die Frage einer Anwohnerin zur fehlenden blauen Papiertonne in ihrem Hof, wurde gemeinsam im Plenum herausgearbeitet, dass es dazu keine Regelung gibt, also dass Hausbesitzer gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind, solche Tonnen aufzustellen. 

Eine gärtnernde Künstlerin berichtete von ihrer Vision, Laub in Beete einzuarbeiten, um Humus zu gewinnen, und dem Wunsch nach Ausleihstationen für Gartenwerkzeug und öffentlichen Gießwasser-Zugängen. So etwas würde das städtische Gärtnern sehr befördern. - Katrin Syperek, Stadtteilkoordinatorin von Moabit West, berichtete darüber, dass es sowas gibt, also dass man beim Moabiter Ratschlag e.V. im Stadtschloss Moabit verschiedene Gartengeräte ausleihen kann.

Thomas Büttner, Träger des vom QM Moabit-Ost mit 80.000 € geförderten Projektes „Moabit-Ost aktiv gegen Klimawandel“, regte ein Klimanetzwerk für Moabit an. Wer bei seinem Projekt mitmachen möchte, kann am 7. Mai 2025 um 17.30 Uhr zum Klima-Stammtisch in den Stadtteilladen Krefelder Straße 1 a kommen. Gemeinsam mit dem Verein Plan B 2030 e.V. - bekannt durch seine Hilfe bei Förderanträgen für Balkonkraftwerke - organisiert das Klimaprojekt Veranstaltungen zu Baumgießgruppen am 27. Mai 2025 und am 3. Juni 2025, jeweils um 19 Uhr im Stadtschloss Moabit. Thomas Büttner fragte danach, was aus dem Konzept des Klimateams man in Moabit verwirklichen könne? - Nora Wolter dazu: „Wir arbeiten daran, das Konzept noch kleinräumiger herunterzubrechen.“ 

Günter Fuchs ist der Ansprechpartner im Straßen- und Grünflächenamt Mitte zum Thema Baumscheiben für alle Gestaltungsinteressierten und bei allen Fragen zu Baum und Borke. Er berichtete im Plenum davon, dass er damit beauftragt wurde, dabei zu helfen, dass das Stadtgrün von Interessierten ganz unbürokratisch mitgestaltet werden kann. 

Laut Günter Fuchs sollten Stadtbäume nach den ersten fünf Jahren, in denen sie von Fachfirmen bewässert werden, weiter gegossen werden, bis sie rund 27 Jahre alt sind. Erst dann reichen ihre Wurzeln bis hinab zum Grundwasser. Zur Betreuung der Bäume Gießgruppen einzurichten, findet er gut, denn das fördert nebenbei auch nachbarschaftliche Kontakte. Weil viele der Berliner Stadtbäume unter Trockenheit leiden, könne man ihnen ganz gezielt helfen. Über den Wasserbedarf der Bäume in der eigenen Nachbarschaft kann man sich auf der Webseite www.giessdenkiez.de informieren. Die Karte visualisiert über 900.000 Stadtbäume und zeigt Fakten zu Art, Alter und Wasserbedarf. Dort kann man einen Baum vor der Haustür adoptieren und dadurch Teil der aktiven Gieß-Gemeinschaft von Berlin werden.

Eva-Maria Kaes vom nahe gelegenen Ottotreff am Ottoplatz äußerte den Wunsch ihrer Einrichtung, den trostlosen Grünstreifen vor dem Ladenlokal zu bepflanzen. - Das Team von Kiez Machen, der Mobilen Nachbarschaftsarbeit des Moabiter Ratschlag e.V., könne ihr dabei helfen.

Der Stadtplaner Stefan Koderisch vom Projektträger AG Urban und dem Klimakunstlabor des ZK/U, der das mit 65.000 € vom QM Beusselstraße geförderte Projekt „Kühle Ecken entdecken“ umsetzt, berichtete davon, was im Rahmen dieses Projektes zur Klimaanpassung geschieht. Zunächst hat Koderisch einen Klimabericht verfasst, in dem er u.a. die Hitze-Inseln im Beussel- und Huttenkiez analysiert. Demnächst werden öffentlich zugängliche Regentonnen auf dem Stadtschloss-Areal aufgestellt, und am 13. Mai 2025 informiert er auf dem Spielplatz in der Wiebestraße um 17.30 Uhr zusammen mit der Mobilen Stadtteilarbeit über sein Projekt. Klimaspaziergänge sind demnächst geplant sowie Baumpatenschaften. Er empfahl einen Besuch des 115 Quadratmeter großen Kiezwaldes („Tiny Forest“) im Moabiter Stadtgarten, ein Projekt vom Kiezwald e.V. https://kiezwald.de/  

Der Permakulturpraktiker Gregor Dill berichtete von seinen positiven Erfahrungen bei der Baumscheiben-Begrünung zusammen mit einer Gruppe von ca 10 bis 20 Leuten in der Lehrter Straße, darunter Ehrenamtlichen vom B-Laden.

Ein Bewohner des Gebäudes in der Perleberger Ecke Lübecker Straße („StadtRand-Lebenstraum-Haus“) erzählte von der Solaranlage dort auf dem Dach („schon seit 25 Jahren!“), dem umgebauten Garten, sowie dass ein Parklet aus Kreuzberg bald vor das Haus komme.

Die Stadtökologin Lea Siebert berichtete vom „Volksentscheid Baum“. Damit soll Berlin per Volksentscheid hitzesicher und wetterfest gemacht werden. Ziel sei es, dass das Leben trotz des Klimawandels erträglich bleibt. Das Nachpflanzen von Bäumen steht bei diesem Volksentscheid im Fokus. 200.000 Unterschriften werden gebraucht. Mehr dazu auf https://www.baumentscheid.de/

Eine Vertreterin des Vereins Demos e.V. mit dem Ziel „Demokratie wetterfest zu machen“ ergänzte, dass ihr Verein ein Bündnispartner dieses Baumentscheides sei und dass sie sich auf dem Plenum mit möglichst vielen Interessierten vernetzen möchte.

Das „Offene Wohnzimmer“ in der Waldenser Straße 13 bezeichnet sich laut Webseite des Trägers Machbarschaft e.V. als „Freiraum, der von und für Nachbarn ehrenamtlich gestaltet wird. Hier kannst du deine Nachbarn kennenlernen, dich vernetzen, eine gute Zeit haben und Dinge sowie Wissen teilen.“ Eine Vertreterin vom Machbarschaft e.V. berichtete beim Plenum davon, dass das „Offene Wohnzimmer“ am 24. Mai 2025 seinen 7. Geburtstag feiern wird, sowie dass Spenden gesucht werden, weil die öffentliche Förderung der Einrichtung durch das Programm „Lebensmittelpunkte“ (LMPs) ausgelaufen ist.

Ein Mitglied der Gartengruppe vom Unionplatz berichtete von den zwei dort tätigen Gartengruppen (eine Jugend- und eine Erwachsenengruppe). Jeden ersten Montag im Monat wird am Unionplatz nachmittags gegärtnert. Wer mitmachen möchte, kann einfach hinkommen. 

Zwei Vertreter der Kulturfabrik Moabit (Kufa) warben für die „Lange Nacht des Klimas“, die am 13. September 2025 in der Lehrter Straße 35 stattfinden wird.

Eduardo López Ruiz, Quartiersmanager in Moabit-Ost, fasste das Schwerpunktthema des Plenums - Klima - gut zusammen: „So viel passiert in Moabit. Wir sollten diese Vernetzung weiterführen, denn nur zusammen sind wir stark!“

Im Anschluss berichteten Fabian Jung vom Träger Rocinante Film GmbH und die mit ihm zusammen arbeitende Susanne Torka vom B-Laden über das Medienprojekt „Vernetzte Kiezmedien in Moabit“. Dieses mit 56.000 € vom QM Beusselstraße geförderte Projekt sucht Engagierte in ganz Moabit, die gern Texte schreiben, fotografieren und filmen. Ab Sommer 2025 werden diese Beiträge auf der dann neu gestalteten Website von MoabitOnline veröffentlicht. Kontakt bitte per E-Mail an buergerredaktion@moabitonline.de

Nach dem offiziellen Teil des sehr gut besuchten Stadtteilplenums ging es ungezwungen mit Gesprächen in kleine Runde bei einem Imbiss weiter.

Das nächste Plenum findet am 23. September 2025 im Stadtschloss Moabit statt.

Das Stadtteilplenum Moabit wird organisiert und veranstaltet vom QM Beusselstraße gemeinsam mit dem QM Moabit-Ost, den Stadtteilkoordinationen Moabit-West und Moabit-Ost sowie dem B-Laden. 

Die Berichte zu den vergangenen Plena können Sie hier nachlesen.

Text & Fotos ©️ Gerald Backhaus 2025

Quartiersmanagement Beusselstraße

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